Das Sultanat Oman ist nicht umsonst eines der aufstrebenden Reiseziele der letzten Jahre, wie ich auf einer Reise von Maskat bis nach Salalah feststellen konnte. Das kleine Land am Indischen Ozean begeistert mit einer Mischung aus Moderne, Tradition, beeindruckenden Landschaften und gelebter Gastfreundschaft.
Wenn man an den Oman denkt, kommen einem spontan endlose Wüsten, Kamele und Beduinenzelte in den Sinn. Zumindest war das das Bild, das ich am Anfang hatte. Ein Eindruck, der sich nicht als vollkommen verkehrt herausgestellt hat, aber dem Land und seinen Leuten bei weitem nicht gerecht wird.
Das fängt bereits an, wenn man in Maskat aus dem Flugzeug steigt. Vom hochmodernen Flughafen geht es in eine ebenso moderne Grossstadt, die ihren ganz eigenen Charme bewahrt hat. Hier findet man keine Wolkenkratzer, stattdessen fügen sich Einkaufszentren, Markthallen und Hotels nahtlos ein in die traditionelle Architektur der Stadt. Neben der eindrucksvollen Grossen Sultan Qaboos Moschee ist ein Spaziergang entlang der Corniche, der Küstenstrasse, ein absolutes Highlight. Vom Hafen aus kann man kilometerweit an der Küste entlanglaufen – oder sich wie wir in einem der öffentlichen Parks entspannen, die unterwegs zu einer kleinen Rast einladen.
Wer gerne Shoppen geht, kann den Souk besuchen – von Kleidern über Gewürze bis hin zu Souvenirs kann man hier wirklich alles finden. Authentisches Handwerk gibt es hier aber eher nicht, denn in Maskat besteht das Angebot leider schon aus den üblichen billigen Ramsch, den man auf Touristenmärkten weltweit findet. Mein Tipp: lieber in Nizwa oder Salalah einkaufen.
Ausserhalb der Stadt hat man schnell das Gefühl, wieder in einer ganz anderen Welt zu sein. Ein Gefühl, das auf dieser Reise immer wieder aufkommt, obwohl das Land eigentlich gar nicht so gross ist.
Kaum hat man Maskat verlassen, türmen sich schon die Berge des Hadschar-Gebirges vor uns auf. Einzig die Dörfer und die freundlichen Menschen in ihren traditionellen Gewändern erinnern hier daran, dass wir uns noch immer auf der arabischen Halbinsel befinden. Von den Märchen aus 1001 Nacht sind wir hier ganz weit entfernt. Vielleicht gerade deshalb ist es so spannend, die kleinen Bergdörfer und zerklüfteten Berge zu erkunden. Denn kaum weicht man einige Meter von der Strasse ab scheint man alleine auf der Welt zu sein und spätestens am «Grand Canyon», mit Blick auf den Gipfel des Dschebel Shams, fühlt man sich auf einmal ganz klein, aber auch ganz glücklich.
Für Kulturinteressierte ist ein längerer Aufenthalt in und um Nizwa auf jeden Fall ein Muss, nicht nur um über den Souk zu schlendern. Freitags findet hier immer der Tiermarkt statt und ein Besuch der Festung von Nizwa sowie dem Schloss von Jabrin geben einen guten Einblick in die Vergangenheit des Landes.
Naturfreunde wie ich kommen weiter westlich auf ihre Kosten. Die Wüste von Wahiba Sands begeistert mit einer Bilderbuchkulisse – Sanddünen, soweit das Auge reicht und ein traumhafter Sonnenuntergang, der mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Ebenso in Erinnerung bleiben wird mir allerdings das Wüstencamp, das mit seinem Luxus so gar nicht in das Bild von arabischen Nächten passen will. Die «Zelte» mit Schiebetüren, Terrasse und gemauertem Badezimmer erinnern mehr an Bungalows und lassen auch nicht wirklich Stimmung aufkommen. Dem wunderschönen Sternenhimmel in der Nacht tut das allerdings keinen Abbruch.
Ein weiteres Highlight, bevor es nach Sur und zurück an die Küste geht, ist das Wadi Bani Khalid. Hier, wo sich der Fluss ganzjährig seinen Weg durch die Felsen in Richtung Küste bahnt, wird erst richtig deutlich, dass Geld bei den Omanis keinen grossen Stellenwert einnimmt. Klare Felsenpools inklusive natürlichem Fisch-Spa, Schwimmbecken und Picknickplätzen – das alles ohne Eintritt zu bezahlen, keine Souvenirstände, die jeden Meter des Weges pflastern, und niemand will einem etwas verkaufen. Einzig einen Coffee-Shop gibt es, nicht zuletzt, weil die Omanis ihren Gästen immer und überall Kaffee, Tee und Datteln anbieten.
Wichtig für Reisende: Ein Grossteil der Pools ist nur über einen abschüssigen Weg zu erreichen, daher war ich dankbar für meine festen Schuhe, und lange Kleider sind zum Schwimmen ein Muss. Im Oman gilt an allen öffentlichen Orten die islamische Kleiderordnung, das heisst, die Schultern und Knie müssen bedeckt sein – auch für Männer.
Wieder eine andere Welt erwartet Reisende im Süden des Landes in Salalah. Eine Region, die mehr für ihre Strandhotels als für ihre Sehenswürdigkeiten bekannt ist – zu Unrecht, wie ich finde. Das Wadi Darbat mit seinen Wasserfällen ist, auch in der Trockenzeit, eine der schönsten Regionen des Landes. Mit einer frischen Kokosnuss an den natürlichen Pools zu sitzen und die Füsse ins kalte Wasser zu strecken ist ein Traum. Auch die Küste ist absolut spektakulär. Die Gegend um Mughsail besticht mit kilometerlangen Sandstränden, die nahtlos eine zerklüftete Küste aus Lavagestein übergeht. Dass die berühmten Blowholes aufgrund der Ebbe bei meinem Besuch still bleiben, ist angesichts des Ausblicks über den Indischen Ozean und Kamelherden am Strand nicht wirklich eine Enttäuschung.
Dass viele Besucher gerade für Badeferien hierherkommen, hat mich trotzdem ein wenig überrascht. Denn das trockene Klima im Norden ist deutlich angenehmer als die feuchte Wärme in Salalah und ein Spaziergang am Hotelstrand ist dank der Meeresschnecken zwar sehr unterhaltsam, aber es ist wohl nicht jedermanns Sache, wenn sich bei jedem Schritt glitschige Meerestiere aus dem Sand wühlen. Muschelsammler werden hier nämlich schnell feststellen, dass die Hunderten hübsche Muscheln alle noch bewohnt sind.
Als Abschluss einer solch abwechslungsreichen Reise, ist ein kühler Drink mit Blick auf den Ozean aber genau das Richtige.
Text & Bilder: Sina Bauer
Erstveröffentlichung: 25.4.2019